Auf den Saiten liegt das Glück

Komm mit in die 70er Jahre nach Fehmarn.

Auf den Saiten liegt das Glück erscheint am 28. Juli 2025.


Liebe, Freundschaft, Musik & Ostseefeeling

Molly lässt alles hinter sich, um Sängerin zu werden. Jo will sich als Reporter beweisen und Eddie ist auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Gemeinsam fahren sie zum Love-and-Peace-Festival im September 1970 nach Fehmarn und erleben ein Wochenende, das ihre Zukunft für immer verändert.

 

Inspiriert von wahren Begebenheiten.
Vom 
4. September bis 6. September 1970 fand auf der Sonneninsel hoch im Norden Deutschlands das Love-and-Peace-Festival statt, auf dem Jimi Hendrix das letzte Mal auf einer Festivalbühne spielte. Ein Wochenende voll turbulenter Ereignisse, extremer Wetterbedingungen und fantastischer Musik, die man bis ins Herz spürte.


 

 

Flügge

Am Flügger Strand im Westen der Insel Fehmarn fand vom 4. September bis 6. September 1970 das Love-and-Peace-Festival statt. Ca. 25.000 Besucher nahmen daran teil. Unter anderem traten Bands wie Mungo JerrySly & the Family Stone, Cluster und Jimi Hendrix auf.

 

 

Jimi Hendrix Gedenkstein

Der Musiker Jimi Hendrix spielte auf dem Love-and-Peace-Festival das letzte Mal auf einem Festival. Ihm zu Ehren wurde auf der Insel nahe der damaligen Bühne ein Gedenkstein errichtet.

 

Komm mit auf die Sonneninsel!

Komm mit nach Fehmarn in den September 1970 und erfahre, was Molly, Jo und Eddie auf dem Love-and-Peace-Festival erleben und wie ihre Zukunft sich dadurch für immer verändert.


Molly

In the Summertime, das neue Lied von Mungo Jerry, schallte aus dem Autoradio. Molly legte die Finger um den Hals der Gitarre auf ihrem Schoß, lehnte sich zurück in den Beifahrersitz und spielte die Strophen mit. Das Lied besaß alles, was ein guter Sommersong brauchte: coolen Rhythmus, kreativen Text und eine Fröhlichkeit zwischen den Zeilen, bei der die Sonne am Himmel heller strahlte.

Kein Wunder, dass der Song dieses Jahr in die Hitparade eingestiegen war.

Molly schloss die Lider und genoss, wie Mungo Jerrys energische Stimme in ihrem Herzen vibrierte.

Einmal so einen Hit landen, dachte sie.

Wenn sie es einmal in ihrem Leben schaffte, ein Lied zu schreiben, bei dem das Publikum jedes Wort mitsang und seine Sorgen vergaß, sich auf die Strophen, den Takt, das Gefühl konzentrierte, hätte sie alles erreicht.

Eddie sang am Lenkrad lautstark mit, zwischendurch zog er an seiner Zigarette. Die Ärmel seiner schwarzen Lederjacke glänzten im Sonnenlicht, das grüne Hemd darunter trug er weit geöffnet, der Ansatz seiner Brusthaare ragte heraus. Die dunkelbraunen Haare hingen ihm unter seinem Hut verwegen in die Stirn. Seine Frisur ähnelte der von Paul McCartney. Aber jedes Mal, wenn sie ihn darauf ansprach, stritt er es ab.

Bei der Leidenschaft, mit der ihr bester Freund das Lied trällerte, lächelte Molly. Er war ein genialer Gitarrist, doch seine Singstimme ging ihr jedes Mal unter die Haut. Es war jammerschade, dass er sein Talent nicht auch zum Beruf machen wollte.

Molly öffnete die Augen und sah gerade noch das Schild von Heiligenhafen auf der Autobahn, als ein farbenfroher Bus mit einem Peace-Zeichen auf der Seitentür ihren VW-Käfer überholte. Aus den offenen Fenstern drangen fröhliche Laute und Qualm. Genau die richtige Stimmung für das Love-and-Peace-Festival auf Fehmarn.

Beim nächsten Refrain erhob Molly die Stimme und gab sich dem Song hin. Mit den Fingern flog sie über die sechs Saiten des Schalllochs ihrer Gitarre, zupfte, strich und spürte jede Note, jede Silbe in den Zellen, bis ihre Armhaare sich aufstellten.

»Dieser Song hat es echt in sich, oder?« Eddie trommelte auf dem Lenkrad. »Ich kann nicht glauben, dass wir die Band live sehen werden.«

»Ich auch nicht.« Molly stoppte ihr Gitarrenspiel und nahm den roten Flyer vom Armaturenbrett in die Hand.

 

OPEN AIR LOVE & PEACE INSEL FEHMARN GERMANY. Jimi Hendrix Exp. Ostseeinsel FEHMARN. „ISLE OF WIGHT“ DES KONTINENTS. Zentral für Mitteleuropa und Skandinavien. 4., 5., 6. September.

 

»Mungo Jerry, Ginger Baker‘s Air Force, Canned Heat und Jimi«, listete sie auf. »Und all die anderen tollen Bands. Das wird krass.«

Auf Jimi Hendrix freute Molly sich am meisten. Jeder tat es, der ein wenig von Musik verstand. Der Gitarrengott trat morgen am Flügger Strand auf. Sie sah es schon vor sich, wie sie in der ersten Reihe stand, halb erstarrt vor Begeisterung und jede seiner Bewegungen und Worte aufsog.

»Machst du das Lied bitte leiser, Eddie?«

Ohne sich umzudrehen, wusste Molly, dass Jo auf der Rückbank über seinen Notizblock gebeugt saß. Seit sie vor eineinhalb Stunden aus Hamburg losgefahren waren, tat er nichts anderes. Selbst als House of the Rising Sun von The Animals lief, hatte er nicht mitgesungen.

Molly legte den Flyer beiseite. »Wieso?«, fragte sie Jo, sah sich jedoch nicht um. »Tun dir bei guter Musik die Ohren weh?«

»Eddie, bitte. Wenn ich mein Interview nicht bis morgen vorbereite, drehen die mir beim Fehmarnschen Tageblatt den Hals um. Ich darf keinen schlechten ersten Eindruck erwecken.«

»Bleib locker, Jo.« Eddie drehte das Radio leiser, was Molly nicht davon abhielt, das Lied weiter auf ihrer Gitarre zu spielen. Der Song war zu genial, als dass er mittendrin unterbrochen werden durfte.

»Du hast genügend Zeit«, erklärte Eddie mit Blick in den Rückspiegel. »Wann ist das Interview mit den Reportern?«

»Samstag. Eine feste Uhrzeit gibt es noch nicht.«

»Siehst du, Kumpel. Ausreichend Zeit bis morgen.«

»Wahrscheinlich hat Jo Angst, dass er kein Wort herausbekommt, wenn er vor dem Gitarrengott steht.« Molly sang den Refrain mit und ließ In the Summertime ausklingen, indem sie die Akkorde E, A, E, B, A und danach E griff.

»Witzig, Melanie, sehr witzig.« Jo zog das letzte Wort in die Länge und gab ein genervtes Schnauben von sich, das sie nur zu gut kannte. In ihrem Abschlussjahr hatte er dieses Geräusch beinahe jeden Tag von sich gegeben. Wie eine alte Dampflok, die einen steilen Berg erklomm. Hätte sie gewusst, dass er mit ihnen auf die Insel fahren würde, wäre sie von vornherein per Anhalter getrampt. Immerhin reisten seit gestern massenhaft Menschen nach Fehmarn.

»Nicht jeder von uns lebt in den Tag hinein und klimpert auf einem Stück Holz herum, um sich die Zeit zu vertreiben. Manche wollen etwas erreichen.«

Molly drehte sich zu Jo um. Er saß in dunkler Jeanshose und weißem Hemd hinter Eddie. Die graublauen Augen kniff er zu schmalen Schlitzen zusammen, als ihre Blicke sich trafen. Seine schwarzen Haare reichten ihm bis zu den Ohren. Groß, gut aussehend, etwas steif in den Knien. Ein bisschen ähnelte er Elvis, wenn er lächelte, was in ihrer Nähe aber nicht mehr oft vorkam.

»Ich arbeite hart für meine Songs, Jo. Nur weil du nichts von Musik verstehst und meine Leidenschaft nicht anerkennst, heißt das nicht, dass ich planlos in den Tag hineinlebe. Bist du einmal in deinem Leben kreativ gewesen? Kennst du dieses Wort überhaupt? Weißt du, was Rhythmus ist oder was es bedeutet, sich einem Song hinzugeben? Sich fallen zu lassen und ein Lied körperlich zu spüren?«

Molly atmete schwer, als sie sich zur Frontscheibe zurückdrehte. Sie hatte die Hände eng um ihren Gitarrenhals gelegt, ihre Finger schmerzten. »Du bist ein Spaßverderber, nichts weiter.«

Sie hatte es so satt, das System und die Gesellschaft, die einem vorschrieb, was man mit seinem Leben nach der Schule anfangen sollte. Ausbildung, arbeiten, sterben. Und jeden, der ihr vorschrieb, was sie mit ihrer Zeit auf dieser Erde tun oder lassen sollte. Sie ließ sich nicht gehen, bloß weil sie nicht wie andere die Stechuhr betätigte. Sie besaß Ziele. Nur nicht die, die Jo, ihren Eltern oder alle anderen vorschwebten.

Molly drehte die Musik wieder auf. Lauter als vorher. Sollte Jo doch der Kopf platzen.

Gedankenverloren strich sie über ihre pochende Stelle am linken Oberarm. Eddie arbeitete seit ihrem Abschluss im Sommer an der Tankstelle. Nächste Woche jobbte er womöglich auf einem Dampfer, der nach Asien fuhr. Er nahm das Leben, wie es war, und niemand schrieb ihm vor, was er tun sollte. Etwas, wofür sie ihn beneidete.

Eddie stellte das Radio leiser, als Let it Be erklang.

»Wieso machst du das? Das sind die Beatles, das ist verboten.« Molly wollte das Lied lauter drehen, aber er hob eine Hand.

»Ich will keinen Streit, Süße. Wir fahren zum Love-and-Peace-Festival. Love and Peace. Zwei Worte, die mir viel bedeuten.«