Wiedersehen im kleinen Strandschlösschen

Es geht weiter mit Fanny de Vries im kleinen Strandschlösschen am Südstrand von Fehmarn.


Liebe, Inselflair, Humor und Ostseefeeling in Band 2

»Du willst einen Striptease, de Vries? Den sollst du haben.«

Zu den Klängen von Padam, padam entkleidete er sich.

Langsam knöpfte er sein Hemd auf, während er die Hüften im sanften Takt der Musik bewegte.

Seit knapp einem Jahr lebt und arbeitet Fanny de Vries mit ihrer Bichon-Frisé-Hündin Tiffany im kleinen Strandschlösschen auf Fehmarn. Genauso lang ist sie wieder mit Raphael zusammen und genießt mit ihren gemeinsamen Freunden den Alltag an der Ostsee. Doch das letzte Hochwasser hat dem Südstrand nachhaltig geschadet, die Gäste bleiben aus. Und wenn sie dann doch erscheinen, wächst Fanny alles über den Kopf. Raphael ist ihr leider keine Hilfe. Seit einiger Zeit zieht er sich mehr und mehr von ihr zurück. Fanny befürchtet schon, ihn zu verlieren. Aber nicht nur ihre Beziehung belastet sie. Am Südstrand soll das prunkvollste Fünfsternehotel der Insel gebaut werden, dessen charmanter Besitzer ihr ein verlockendes Angebot unterbreitet.

***
Komm mit nach Fehmarn und verliebe dich!
***



Leseprobe

Maximilian Trautmann

 

Die Morgensonne küsste mit ihren gleißenden Strahlen den Südstrand. Sanftes oranges Licht überzog die Promenade und die dahinterliegende Ostsee wie ein farbenfroher Dunstschleier. Das Rauschen der Wellen drang durch Maximilians geöffnete Balkontür seiner Penthouse-Suite. Gemächlich schwappte das Wasser an den feinen Sandstrand und versprach einen traumhaften Augusttag an der Südküste Fehmarns.

Dazwischen kreischten Möwen ihr Lied, während sie vor der Muschelburg auf der Suche nach Frühstück durch die Luft flogen. Ein schräger Singsang, dem er gern lauschte, wenn es die Zeit erlaubte.

Heute Früh saß ihm Anspannung im Nacken. Geschwind glitt Maximilian mit dem Steamer über sein weißes Hemd. Eine kleine Falte unter dem gestärkten Kragen widersetzte sich ihm seit wenigen Minuten. Wichtige Zeit, die er nicht besaß.

Er wollte längst seine übliche Runde als Hotelbesitzer bei den Gästen im Frühstücksraum drehen. Gestern Abend hatte die berühmte Schauspielerin Davina vom Berge in seiner Muschelburg eine der Penthouse-Suiten bezogen. Zum Glück war sie allein angereist. Dadurch gelang es ihm, ihr den Aufenthalt schmackhafter zu gestalten.

Niemand widerstand seinem Charme. Er hatte sich seine übliche Angebotsliste längst im Kopf zurechtgelegt. Alles, was seine Muschelburg an Luxus am Südstrand zu bieten hatte: Massagen, Gesichtsmasken, Körperpeelings, Saunen, Swimmingpool, Sonnen- und Nagelstudio sowie Friseur.

Maximilian lächelte in den länglichen Spiegel mit Goldrand über seiner Kommode, die er in diesem Frühling aus Italien hatte liefern lassen. Handgefertigt. Allein die satinierten Messinggriffe waren ein kleines Vermögen wert. Das Hochwasser im letzten Herbst hatte dem Tourismus auf der Insel einen Stoß versetzt, doch die Muschelburg lief reibungslos. Seine Gäste vertrauten dem guten Ruf, den er sich Saison für Saison mühsam erarbeitet hatte.

Als Maximilian der lästigen Falte den Garaus gemacht hatte, schlüpfte er in sein Hemd, danach in den frisch gereinigten dunklen Nadelstreifenanzug. Sein schwarzer Hut mit runder Krone und gewölbter Krempe, den sein Großvater ihm vererbt hatte, hing griffbereit am Türhaken.

Die Muschelburg hatte er vor zwanzig Jahren eröffnet, als er im Zentrum von Burg wohnte. Der Fahrtweg an den Südstrand kostete ihn in den Sommermonaten mit den Staus durch die Touristen viel Zeit, weshalb er inzwischen im vierten Stock seines Hotels schlief.

Der Blick auf die Ostsee war unbezahlbar. Das bestätigte jeder Gast, der eine der kostspieligen Suiten bezog.

Nach einer kurzen Fahrstuhlfahrt mit Meeresrauschen im Hintergrund erreichte er drei Stockwerke tiefer das geräumige Foyer. Sein Rezeptionist im dunkelroten Sakko, schwarzer Stoffhose und polierten Lackschuhen nahm Haltung am Computer an.

Er nickte seinem Angestellten zu und fuhr flüchtig mit den Fingern über den Marmortresen. Staub war der Feind jedes Fünfsternehotels. Zum Glück wischte sein Personal mehrmals täglich alle Gegenstände ab.

Über den frisch polierten Boden betrat Maximilian den ovalen Speisesaal. Voll besetzt, wie gewöhnlich. Bei ihm dinierten nicht nur seine Gäste, sondern auch Fehmaraner oder Festländer, die gerade an den Wochenenden ein exquisites Buffet mit Blick auf die Südstrandpromenade und den dahinterliegenden Strand genießen wollten.

Hinter den bodentiefen Fenstern schien die morgendliche Sommersonne längst auf seine großzügige Terrasse, umrandet von einer Reihe perfekt gestutzter Buchsbäume. Auf diese Weise verhinderte er, dass freilaufende Köter von der Promenade sich auf seinem englischen Rasen erleichterten.

Ein paar Gäste, ebenso Davina vom Berge, saßen in den vergoldeten Gartenstühlen und genossen ihr Frühstück an der frischen Luft.

Maximilian schlängelte sich an den Tischen im Speisesaal vorbei, schüttelte Hände, die es wert waren, und plauderte über das Wetter und die Zustände des Südstrands. Nebenbei wies er sein Personal an, mehr zu lächeln und darauf zu achten, dass der Kaffee nie ausging.

Eine gefühlte Ewigkeit später erreichte er den Übergang zur Terrasse, als sich neben ihm jemand energisch räusperte.

An einem seiner besten Tische am Fenster für sechs Personen saß ein Mann, umgeben von Tellern befüllt mit auserlesenen Köstlichkeiten: Kaviar, Krabben in Mayonnaise mit Weinbrand, geräucherter Lachs mit Dill und Hummerstückchen in Weißweinsauce. Dazu ein Flechtkörbchen mit frischen Croissants, ein paar Scheiben Schwarzbrot, Butter und eine Schale mit Obst der Saison.

Sein Gast verbarg das Gesicht halb hinter dem Fehmarnschen Tageblatt. Weißblonder Schopf, königsblaue Augen, die auf die Zeitung gerichtet waren, sonnengeküsste Haut. Die andere Hälfte blieb verborgen, dennoch wusste Maximilian, dass dort ein blonder Dreitagebart lauerte, bei dem Frauenherzen höher schlugen. Dazu das himmelblaue Hemd, eine farblich passende Stoffhose sowie elegante Oxford-Slipper.

Viktor Goldberg. Milliardär, Mäzen, Segelprofi und sein Konkurrent seit Kindertagen. Maximilians gute Laune verpuffte in Sekundenschnelle. Mühsam hielt er sein Hotelbesitzerlächeln aufrecht.