Die Möwen sind looos!


Die Möwen von Fehmarn

Mord am Südstrand (Bd. 1)

Buchcover: Andrea Baitz (www.andrea-baitz.de)

Lektorat: Janika Mielke (www.lektorat-nordgewandt.de)

Korrektorat: Cara Rogaschewski (www.wortverzierer.de)


Fünf Möwen jagen einen Mörder - eine tierische Mission.

***

Mattis, der seine große Liebe zurückerobern will.

Berti, der trotz Darmproblemen nicht auf warme Brötchen verzichten möchte.

Pit, der jedem Strandläufer die Brötchen stiehlt, ehe der Beraubte Wind davon bekommt.

Haui, der schneller Kopfnüsse verteilt als sein Schatten.

Und Fiete, der für sein Leben gern Mensch ärgere dich spielt.

***

Unsere Wilden riskieren bei der Jagd nach dem Mörder nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Freundschaft.


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Leseprobe

 

O MÖRDERISCHE NACHT

- Irgendwo am Südstrand -

  

Er liebte die Nacht. Liebte ihr tiefes, allumfassendes Schwarz und die Stille, die sich über den Sandstrand legte, sobald die Sonne in der Ostsee versunken war. Die Nacht umhüllte selbst das kleinste Sandkorn mit Dunkelheit und gab denen Schutz, die ihn suchten – so wie ihm.

Wie kleine dicke Glühwürmchen glommen die Sterne über ihm; scheinbar zum Schnappen nahe und doch für jeden unerreichbar, selbst für ihn und seine Schwingen.

Als er die Düne betrat, roch er den salzigen Duft der See, die getrockneten Algen und die köstlichen Miesmuscheln, die überall am Strand verteilt lagen. Der Wind blies ihm durch das Gefieder, streichelte seine Federn, während er geräuschlos einen platten Schwimmfuß vor den anderen setzte und in geduckter Haltung zwischen Strandhafer und Dünenrosen über den Sandstrand schlich. Nur das sanfte Rauschen des Wassers hörte er, auf dessen Oberfläche Vögel schliefen, sich in Sicherheit wähnten. Sie, die sich nicht an die Regeln hielten. Sie, die er für ihren Frevel bestrafen würde.

Heute Nacht würde er nicht auf der Ostsee jagen. Seine Beute befand sich am Strand, unweit von ihm entfernt, und lief ahnungslos am Rand der Düne auf und ab.

Er wusste um ihre Schlaflosigkeit.

Ihr schmaler, zarter Rücken war mit silbergrauen, hellbraunen und pechschwarzen Federn durchzogen. Bei Tageslicht schimmerte ihr Kopf graublau und ihr Schnabel glänzte in einem tiefen, satten Rotton. Ein Anblick, bei dem sich ihm vor Ekel die Nackenfedern aufstellten und Empörung seinen Puls zum Explodieren brachte – jedes verdammte Mal.

 

Sie würde sein neuestes Kunstwerk werden. Ein raffiniertes Gebilde aus Verzweiflung und Blut. 

 

 

MENSCH ÄRGERE DICH

- Südstrand. Schlafeiche -

 

Haui schnarchte unerträglich laut. Mattis drückte sich im Halbschlaf näher an den Baumstamm, um den Abstand zwischen ihm und der Zwergmöwe zu vergrößern. Denn wenn Hauke – Haudrauf – Hinnerk anfing, schlecht zu träumen, litten sie alle gemeinsam auf der höchsten Eiche hinter dem Appartementhaus Strandburg.

Mattis öffnete die Augen und erspähte die Sonne, die aus dem Wasser stieg und die Ostsee in ein glänzendes, dunkelblaues Schimmermeer verwandelte. Zahlreiche Vögel kreisten bereits über dem Sandstrand auf der Suche nach Frühstück. Aber er und seine Möwengang hatten die ganze Nacht damit verbracht, die Galloway-Rinder auf dem Feld hinter dem IFA Hotel zu ärgern, und würden sich sicherlich nicht vor dem Mittag auf ihrem Schlafast rühren.

»Alter, du schnarchst schon wieder«, knurrte Pit, der den kürzeren Grashalm gezogen und den Platz neben Haui hatte einnehmen müssen. Mattis wartete gespannt, hörte jedoch keine Veränderung. Haui sägte, als fälle er die Eiche, auf der sie zu viert jede Nacht verbrachten.

Lautlos gähnte Mattis, wobei er den dottergelben Schnabel weit aufriss, die Flügel ausstreckte und die silbergrauen Federn mit schwarzen Spitzen lüftete. Er drehte sich zur Seite, zog die Schwingen wieder an den weichen, weißen Bauch und schloss die Lider.

Vielleicht sollte er Muscheln zählen, um wieder einschlafen zu können.

Eine Miesmuschel, zwei Miesmuscheln, drei Mies…

Ein Vogel flog rasend schnell an ihm vorbei, drehte Kreise um ihren Schlafast und landete mit einem vibrierenden Aufprall zwischen ihm und Berti.

Ein genervtes Grummeln entwich Mattis.

»Moin, Jungs. Moin Moin. Moooiiin«, hechelte Fiete aufgeregt und Mattis spürte einen Flügel, der ihm unaufhörlich auf den breiten, weißen Bürzel pochte. »Seid ihr wach? Kann es losgehen? Jetzt? Seid ihr bereit? Die ersten Strandläufer sind auf der Promenade und kaufen Brötchen. Sie ahnen nichts von ihrem Unglück. Sie …«

Ein schnelles, kräftiges Wischen zischte durch die Luft und Fietes hektisches Gerede verstummte. Mattis öffnete die Augen und beobachtete, wie Berti seinen schwarzen Flügel wieder einzog und den weißen Kopf darunter verbarg.

Von Fiete keine Spur mehr.

»Der Kleine geht mir jetzt schon gehörig auf die Nerven. Den fresse ich zum Frühstück, wenn du ihm keine Manieren beibringst, Klugscheißer.«

Mattis verzog den Schnabel zu einem breiten Grinsen.

»Es ist sein erstes Mal, Fridbert. Kannst du dich noch an dein allererstes Mensch ärgere dich erinnern?«

»Nenn mich nicht so. Fridbert heißt mein Vater.«

Berti hob den Kopf und bedachte Mattis mit einem freudlosen Blick, als wäre er höchstpersönlich schuld an der Unruhe.

»Du warst nicht weniger aufgeregt als er, Berti. Ich erinnere mich genau. Mit deinen Blähungen hast du den Böen am Südstrand echte Konkurrenz gemacht.«

»Das sind die Brötchen. Ich habe einen Reizdarm«, erklärte die Mantelmöwe zerknirscht und verkroch sich wieder unter ihrem Flügel.

»Vielleicht solltest du weniger Enten essen, dann wäre die frische Luft auf unserem Schlafast nicht so dünn.« Pit spähte mit einem geöffneten Auge zu ihnen herüber und grinste frech über das schwarzbraune Gesicht.

»Das ist ein Mythos. Niemand kann bezeugen, dass ich jemals eine Ente verspeist habe. Ich esse keine großen Tiere. Das wisst ihr genau.«

»Dafür alles andere, du Furzkanone.«

»Ach, leck mich doch, Pit.«

»Mach ich glatt.« Pit richtete sich auf, drehte sich zu Berti hin und pickte mit dem roten Schnabel in die schwarzen Schwanzfedern seines Kameraden.

Mattis verkniff sich ein Lachen, während er der kleinen Lachmöwe dabei zusah, wie sie die große Mantelmöwe provozierte. Für gewöhnlich dauerte es nicht lange, bis Bertis Geduldsfaden riss und er Pit über die Promenade jagte.

»Lass das oder ich rupfe dich! Aber nicht auf die sanfte Weise, Langfeder.«

»Solange du mich nicht anfurzt, ist mir alles recht.«

Mattis lachte so laut, dass er ins Wanken geriet und beinahe vom Ast gefallen wäre. Berti hingegen sprang auf, breitete die schwarzen Schwingen aus, schüttelte den weißen Kopf, als müsse er wach werden, und schnellte auf Pit zu, der sich kopfüber in die Tiefe fallen ließ. Erst im letzten Moment, kurz bevor er den Rasen erreicht hatte, öffnete Pit die hellgrauen Flügel für seine Flucht. Elegant segelte er über die grüne Wiese, die Büsche und die Hasen hinweg, während Berti sich vom Ast abstieß und ihm verbissen hinterherjagte.

Eine Weile beobachtete Mattis das Spiel der beiden, wie der eine dem anderen schnell nachsetzte und sie kreischend ihre Hetzjagd durch die Lüfte genossen. Schließlich raffte er sich mit einem wehmütigen Seufzen auf. Keinen einzigen Tag wollte er mehr ohne seine Wilden sein – seine Gang. Und vielleicht würden sie heute ein weiteres Mitglied aufnehmen, sofern Fiete sich nicht allzu dumm bei Mensch ärgere dich anstellte.

Während er das Manöver seiner beiden Freunde verfolgte – Pit flog gerade besonders schnell über das rote Dach der Strandburg hinweg und Berti folgte ihm schwer nach Luft schnappend –, schlenderte Mattis an das Ende des Schlafastes und stupste Haui an.

Sofort verstummte dessen Schnarchen und die Zwergmöwe öffnete mit einem gequälten Ausdruck das linke Auge. Sein rechtes Auge hatte Haui vor Jahren in einem lebensbedrohlichen Kampf gegen fünf Dunkle Ritter eingebüßt. Die Raben hatten ihn überrumpelt, als er ein Küken retten wollte, das aus seinem Nest gefallen war.

Jedenfalls war das die offizielle Version.

»Was‘n los? Habe ich geschnarcht? Tut mir leid, Mattis, aber diese Fische …« Er bewegte den schwarzgefiederten Kopf von links nach rechts und ließ die Knochen knacken. »Sie waren groß, weißt du? Echt riesig. Hatten fiese, spitze Reißzähne und wollten mich fressen.«

»Waren sie erfolgreich?«

Während Mattis auf eine Antwort wartete, fiel sein Blick auf Berti und Pit, die in diesem Moment nach unten glitten und neben Fiete auf einer Silberlinde bei der Bäckerei Börke landeten – ihrem Stammplatz. Pit missbrauchte die junge Silbermöwe sofort als Schutzschild gegen Bertis Schnabelangriffe.

»Wer?«, fragte Haui irritiert.

»Na, die Fische. Haben sie dich gefressen?«

Haui kicherte – ein viel zu tiefes Kichern für seinen gedrungenen, aber kräftigen Zwergmöwenkörper.

»Ne, ich hatte mir gerade ein Katapult gebaut, um sie mit Muscheln abzuschießen, als du mich geweckt hast.«

Mattis‘ schwefelgelbe Augen funkelten vor Belustigung. Das letzte Konstrukt, an dem Haui sich versucht hatte, lag noch immer halbfertig auf dem Parkplatz nebenan und ähnelte eher einem zusammengefallenen Lagerfeuerstapel als einem Katapult.

»Steh auf, Haui.« Mattis stieß ihn mit der schwarzen Flügelspitze an. »Es geht los.«

Haui blinzelte, als wäre er noch immer im Land der Träume versunken. Lautstark gähnte er.

»Jetzt schon? Hast du nicht gesagt, wir dürfen heute ausschlafen?«

»Fiete will sich beweisen, damit wir ihn bei uns aufnehmen. Er wartet mit Berti und Pit am Startpunkt und winkt uns zu, als kämpfe er mit einem Mückenschwarm.«

Mattis beugte sich über den Ast und blickte zur Bäckerei im Erdgeschoss des Appartementhauses. Zahlreiche Strandläufer bildeten bereits eine lange Schlange auf der angrenzenden Promenade, spielten mit ihren Smartphones oder unterhielten sich.

»Heute ist Pfingstsonntag. Die ersten Strandläufer holen sich Brötchen. Du weißt, was das heißt.«

Haui riss das linke Auge auf und nickte eifrig.

»Mensch ärgere dich!«


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Schauplätze aus dem Möwenkrimi

Die Schauplätze aus dem Möwenkrimi

"Die Möwen von Fehmarn. Mord am Südstrand."

Viel Vergnügen :)


Mehr zu den Wilden

Mehr zu Mattis und seinen Wilden gibt es in den Steckbriefen.


Der zweite Band

Die Möwen von Fehmarn: Kampf um den Südstrand